OFAC: Berliner AIOTEC GmbH zahlt 14,6 Mio. USD Strafe

von | 30. Dezember 2024 | Iran, OFAC

Im November 2024 einigte sich die in Berlin ansässige AIOTEC GmbH mit dem OFAC, Verstöße gegen die US-Iran-Sanktionen durch eine Zahlung von 14,5 Millionen US-Dollar zu begleichen.

Dieser offensichtliche Fall zeigt seine Komplexität erst bei näherem Hinsehen. Klassischerweise erfolgen die Verstöße gegen die Iran-Sanktionen dadurch, dass kritische Verträge in US-Dollar abgewickelt werden. Hier war das jedoch anders. Zudem ist der US-Bezug nicht unmittelbar erkennbar. Was war passiert?

Ein australisches Unternehmen plante, eine stillgelegte Polypropylenanlage verkaufen. Das australische Unternehmen beauftragte eine US-Gesellschaft mit der Vermittlung des Verkaufs der Anlage. Die US-Gesellschaft fand in der AIOTEC GmbH einen Käufer für diese Anlage. Die US-Gesellschaft schloss am 27. November 2015 mit der AIOTEC GmbH einen Kaufvertrag über die australische Anlage. Der Kaufpreis betrug 9,7 Millionen US-Dollar. Der Kaufvertrag enthielt eine Exportkontrollklausel, wonach es der GmbH verboten war, gegen US-Export und Sanktionsvorstriften zu verstoßen.

Die AIOTEC GmbH ist eine 2011 in Berlin gegründete Gesellschaft. Gesellschafter und Geschäftführer sind dem Namen nach Iraner. Das Unternehmen hat rund 12 Mitarbeiter und erwirtschaftet gem. Bundesanzeiger einen Jahresgewinn von ca. 400 Tsd. Euro. Die Gesellschaft hat im Iran eine Tochtergesellschaft, die AIOTEC Middle East Ltd.

Nach Abschluss dieses Kaufvertrages mit AIOTEC schloss die US-Gesellschaft mit dem australischen Unternehmen einen eigenen Kaufvertrag. In diesem war vereinbart, dass die US-Gesellschaft die Anlage in Australien demontiert und abtransportiert. Verkäuferin der Anlage gegenüber AIOTEC war damit die US-amerikanische Gesellschaft.

Diese Pflicht zur Demontage und zum Abtransport wurde auf die Deutsche Gesellschaft übertragen. Daher kam es zu einer direkten, faktischen Beziehung zwischen dem deutschen Unternehmen und dem tatsächlichen australischen Verkäufer. Die Anlage wurde zwischen 2016 und 2019 von AIOTEC abgebaut und in den Iran geliefert.

Der US-amerikanischen Verkäuferin gegenüber bestätigte AIOTEC jedoch mehrfach wahrheitswidrig, dass die australische Anlage in die Türkei geliefert und dort wieder aufgebaut und betrieben werde. Entsprechende Endverbleibsdokumente und Zolldokumente wurden vorgelegt. Tatsächlich aber wurde die Anlage in den Iran exportiert.

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Titel

Aus der OFAC-Mitteilung:

„On April 15, 2016, Aiotec supplied the U.S. Company with a second, more detailed end-user certificate, again stating that the Plant was being sold to the Turkish Company, would be shipped to Istanbul, Türkiye, and would be erected in Van, Türkiye;

On June 15, 2017, the general counsel for the U.S. Company emailed Managing Directors 1 and 2 and asked them to reaffirm their commitment to their obligation under the Sale Agreement not to ship the Plant to any destination subject to sanctions by the United States. On June 23, 2017, Managing Director 2 responded that “nothing has changed” and the Plant was to be erected in Türkiye;

On September 19, 2017, Managing Director 1 emailed the U.S. Company additional details of the fictitious deal between Aiotec and the Turkish Company, such as the division of responsibilities between the two companies; and

On October 1, 2017, Aiotec provided a third end-user certificate to the U.S. Company signed by Managing Director 1 again stating the Plant’s end user was the Turkish Company in Van, Türkiye.“

Diese Angaben waren jedoch falsch!

Tatsächliche Endverwenderin war die (iranische) Tochtergesellschaft von AIOTEC sowie ein iranisches Unternehmen. Beide Gesellschaften betrieben ein Joint Venture.

Bemerkenswert in diesem Fall ist, dass der Kaufvertrag zwischen der deutschen Käuferin und dem US-Unternehmen zwar in US-Dollar lautete, aber nicht in US-Dollar abgewickelt wurde. Die Käuferin zahlte den Kaufpreis tatsächlich in Euro. Die Zahlung erfolgte zum Teil an eine US-amerikanische Bank und zum Teil an die Tochtergesellschaft dieser US-amerikanischen Bank in London. Damit fehlte der in diesen Fällen übliche US-Nexus in der Zahlungsabwicklung.

Trade Talk

Dieser Fall wurde von Prof. Schindler in seinem Podcast „Trade Talk – U.S. Export Controls & Sanctions“ besprochen.

US-Gerichtsbarkeit besteht hier aber darin, dass die deutsche GmbH durch die Konstruktion und Verschleierung der tatsächlichen Lieferung die US-amerikanische Verkäuferin, die eigentlich eine Zwischenhändlerin bzw. Vermittlerin ist, dazu verleitete, indirekt einen Exportverstoß durch eine Lieferung von Australien in den Iran zu durchzuführen. Und eben diese Konspiration ist in den US-Exportvorschriften reglementiert. Nach §560.203 Buchstabe b ist jegliche Konspiration verboten, die in Zusammenhang mit verbotenen Ausfuhren in den Iran steht. Hier wurde die US-amerikanische Zwischenhändlerin zu einer verbotenen mittelbaren Ausfuhr in den Iran veranlasst. Dies ist der US-Nexus.

Die Höchststrafe in diesem Verfahren betrug 19,4 Millionen Dollar. Erschwerend kam dazu, dass die deutsche GmbH den Verstoß nicht selbst offengelegt hat und das OFAC diesen als einen schwerwiegenden Fall darstellt. Strafmindernd wurde in dem Verfahren aber berücksichtigt, dass die deutsche GmbH mit dem OFAC kooperierte und sich bereit erklärte, die Verjährungsfrist verstreichen zu lassen und in Beantwortung von Auskunftsersuchen ausführliche Unterlagen vorlegte.

Dieser Fall zeigt, wie sorgfältig man bei Verträgen mit Iranbezug man arbeiten muss. Die Exportkontrolle muss in diesen Fällen besonders präzise arbeiten. Daher verpflichtete sich AIOTEC auch dazu, erhebliche Ressourcen zu investieren, um die US-Export- und Sanktionsvorschriften einzuhalten. 

Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Prof. Dr. Darius O. Schindler

Stabelstr. 8 | 76133 Karlsruhe
mail@us-exportrecht.com

Telefon: +49 (0)721 85 140 840