EAR99-Güter

zuletzt geändert am 06.08.2025

Das US-amerikanische Exportkontrollrecht unterliegt einem komplexen Regelwerk, das durch die Export Administration Regulations (EAR) konkretisiert wird. Innerhalb dieses Systems spielt die Klassifikation „EAR99“ eine besondere Rolle. EAR99 umfasst alle Güter, Software und Technologien, die zwar den EAR unterliegen, jedoch nicht in der Commerce Control List (CCL) aufgeführt sind. Diese „Restkategorie“ ist von großer praktischer Bedeutung, insbesondere für den zivilen Handel, birgt jedoch gleichwohl erhebliche Risiken bei bestimmten Endverwendungen, Endempfängern oder Zielstaaten.

Nach § 734.3(c) EAR fallen alle nicht auf der CCL gelisteten, jedoch dem Geltungsbereich der EAR unterliegenden Güter unter die Kategorie EAR99. Damit gelten für EAR99-Produkte grundsätzlich weniger strenge Exportanforderungen als für kontrollierte Güter mit einer spezifischen Export Control Classification Number (ECCN). Die Mehrheit kommerziell genutzter Produkte fällt unter diese Klassifikation und kann unter der Bezeichnung „NLR“ („No License Required“) exportiert werden.

Obwohl EAR99-Produkte üblicherweise keiner Lizenz bedürfen, bestehen wichtige Ausnahmen. Insbesondere bei Exporten in sanktionierte Länder, an bestimmte Endnutzer oder bei kritischer Endverwendung kann eine Lizenzpflicht greifen. Beispiele sind militärische Endverwendungen oder die Lieferung an auf Blacklists geführte Organisationen. Eine Lizenzpflicht kann sich selbst dann ergeben, wenn das Produkt an sich harmlos erscheint.

Sanktionen (Beispiele)

Entity List (Supplement No. 4 to Part 744 EAR)
Personen und Organisationen auf dieser Liste dürfen nicht mit Gütern beliefert werden, die den EAR unterliegen – einschließlich EAR99 –, sofern keine Lizenz erteilt wurde. Das gilt insbesondere, wenn eine militärische Endverwendung oder Verbindung zu sensiblen Programmen (z. B. Nukleartechnik) besteht .

Denied Persons List (DPL)
Diese Liste umfasst Personen, denen der Export von EAR-Gütern – auch EAR99 – grundsätzlich verboten ist. Jede Transaktion mit einer auf der DPL gelisteten Person ist untersagt, sofern keine Ausnahme genehmigt wurde .

Specially Designated Nationals (SDN) List – OFAC
Obwohl die EAR99-Klassifikation zunächst keine Lizenzpflicht impliziert, gilt für Transaktionen mit Personen auf der SDN-Liste ein umfassendes Verbot – unabhängig von der Klassifikation des Gutes. Dies basiert auf den Vorschriften der OFAC, insbesondere unter dem International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) .

Embargos (Beispiele)

Kuba: Für Kuba besteht eine umfassende Embargopolitik. Sämtliche EAR99-Güter erfordern eine Lizenz, es sei denn, sie fallen unter spezifische Ausnahmeregelungen (z. B. BAG, GOV, SCP).

Iran: Zwar sind EAR99-Güter nicht direkt durch § 746.7(a)(1) EAR erfasst, jedoch greifen hier die restriktiven Vorgaben der OFAC (Office of Foreign Assets Control). Diese führen dazu, dass praktisch sämtliche Exporte nach Iran – auch von EAR99-Gütern – einer Genehmigungspflicht unterliegen.

Krim: Auch für die Krim gelten weitreichende Exportbeschränkungen. Hier ist der Export jeglicher EAR-Güter untersagt, ausgenommen bestimmte EAR99-Produkte wie Lebensmittel und frei zugängliche Software zur Internetkommunikation.

Bedeutung für Compliance und Risikomanagement

Die Einstufung eines Produkts als EAR99 entbindet Unternehmen nicht von der Pflicht zur Sorgfalt. Es bestehen weitreichende Informations- und Prüfungspflichten hinsichtlich Endverwendung, Endempfänger und Bestimmungsland. Ein Verstoß kann nicht nur administrative, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Insbesondere bei „red flags“, wie etwa militärischer Endverwendung oder gelisteten Empfängern, ist eine sorgfältige Analyse der Ausfuhrgenehmigungspflichten unerlässlich. Die Pflicht zur Einholung dieser Informationen obliegt sowohl dem US-Exporteur als auch ggf. dem Re-Exporteur.

Fazit

EAR99-Güter repräsentieren eine zentrale Kategorie innerhalb des US-Exportkontrollrechts, deren scheinbare Unbedenklichkeit nicht über die tatsächlichen Risiken hinwegtäuschen darf. Die mit bestimmten Destinationen, Endverwendungen und Empfängern verbundenen Beschränkungen verlangen eine präzise rechtliche Analyse und kontinuierliche Compliance-Maßnahmen. Eine korrekte Klassifikation, kombiniert mit der laufenden Prüfung relevanter Blacklists und Länderprogramme, ist essenziell für eine rechtssichere Exportpraxis.