Exportkontrolle und HR (Personalabteilung)

Exportkontrolle beginnt nicht an der Werkbank
In vielen Unternehmen gilt das Exportkontrollrecht als Thema für die Logistik, den Vertrieb oder technische Abteilungen. Es geht um Lieferungen ins Ausland, Dual-Use-Güter oder sensible Software. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz.
Auch die Personalabteilung (HR) unterliegt in bestimmten Konstellationen den Anforderungen des US-Exportkontrollrechts und internationaler Sanktionsregime. Wer diesen Zusammenhang übersieht, riskiert Compliance-Verstöße mit erheblichen Folgen – von Bußgeldern über den Verlust von Exportprivilegien bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.
1. Der „Deemed Export“: Wissenstransfer als Export
Gemäß US-Recht, insbesondere den Export Administration Regulations (EAR) und dem International Traffic in Arms Regulations (ITAR), liegt ein Export nicht nur bei der physischen Ausfuhr von Gütern vor. Auch der Zugang zu kontrollierter Technologie durch einen ausländischen Staatsangehörigen im Inland wird als „Deemed Export“ behandelt – ein fiktiver, aber rechtlich voll wirksamer Exportvorgang.
Beispiel aus der Personalpraxis:
Ein Mitarbeiter mit chinesischer oder iranischer Staatsangehörigkeit wird in ein Forschungsprojekt eingebunden, bei dem sensible Daten oder Technologien verwendet werden. Bereits das Einräumen dieses Zugriffs kann genehmigungspflichtig sein – selbst wenn der Mitarbeiter sich im Inland befindet.
2. Sanktionslistenprüfung – eine gesetzliche Pflicht für HR
Unabhängig von technologischen Inhalten muss bei der Einstellung neuer Mitarbeiter geprüft werden, ob diese auf internationalen Sanktionslisten geführt werden. Dazu zählen insbesondere:
- OFAC SDN-Liste (Specially Designated Nationals)
- UN-Sanktionslisten
- EU-Sanktionsverordnungen
- UK Sanctions List
- Nationale Sanktionslisten anderer Drittstaaten
Eine Tätigkeit einer sanktionierten Person im Unternehmen kann bereits als unzulässige Bereitstellung von Dienstleistungen oder Ressourcen gewertet werden – mit entsprechenden Konsequenzen. Die Personalabteilung muss daher sicherstellen, dass systematische Sanktionslistenprüfungen Teil des Einstellungsprozesses sind.
3. Typische Risikobereiche für Personalverantwortliche
a) Internationale Einstellungen
Staatsangehörige aus Ländern wie Russland, China, Iran oder Syrien können besonderen Kontroll- und Genehmigungspflichten unterliegen. HR muss hier frühzeitig mit der Exportkontrollstelle des Unternehmens zusammenarbeiten, um Risiken zu bewerten und Genehmigungen einzuholen.
b) Homeoffice und Auslandsarbeit
Die zunehmende Verlagerung von Arbeit ins Ausland, sei es durch Remote Work oder durch Entsendungen, kann zu Verstößen führen, wenn sensible Informationen ungeschützt übermittelt oder im Ausland gespeichert werden.
c) Internationale Schulungen Schulungen mit technischen Inhalten – etwa zu CAD-Systemen, Source-Codes oder Forschungsdaten – können dann problematisch sein, wenn Teilnehmer aus Drittstaaten eingebunden sind. Auch hier gilt: Zugang kann Export sein.
d) Zugriff auf Systeme und Daten
Die Zuweisung von Rechten auf IT-Systeme, Datenbanken oder digitale Entwicklungsumgebungen durch HR kann genehmigungspflichtige Exporte auslösen – insbesondere bei systemweiten Zugriffsrechten für ausländische Mitarbeiter.
4. Exportkontrolle ist nicht nur Sache der Technik – sondern auch der Personalabteilung
Das US-Exportkontrollrecht gilt extraterritorial – es betrifft also auch deutsche Unternehmen ohne Sitz in den USA. Die Personalabteilung steht dabei im Zentrum vieler kritischer Prozesse, etwa bei der Einstellung internationaler Fachkräfte, der Vergabe von Rechten oder bei internationalen Schulungsprogrammen. Eine professionelle HR-Organisation kommt heute nicht mehr ohne ein Verständnis für Exportkontrollrecht und Sanktionsvorgaben aus.
Compliance beginnt bei der Bewerbung – nicht erst am Zoll.
Praktische Maßnahmen für HR-Abteilungen
✔ Sanktionsscreening in den Einstellungsprozess integrieren:
Bereits bei Eingang der Bewerbung sollte ein automatisierter Abgleich mit relevanten Sanktionslisten erfolgen.
✔ Staatsangehörigkeit systematisch erfassen und dokumentieren:
Die Herkunft des Bewerbers ist aus Compliance-Sicht entscheidend – besonders bei Mehrstaatigkeit oder Wohnsitz in Hochrisikoländern.
✔ Zusammenarbeit mit Exportkontrollverantwortlichen sicherstellen:
Die Personalabteilung sollte in Prozesse zur Risikoeinschätzung und Lizenzbeantragung eingebunden sein.
✔ Rollen und Rechte kontrollieren:
Zugriffsrechte auf technische Daten, Systeme oder Forschungsumgebungen sollten nicht allein anhand der Position vergeben werden, sondern unter Berücksichtigung exportrechtlicher Risiken.
✔ Regelmäßige Schulung der HR-Mitarbeiter:
Grundkenntnisse im US-Exportkontrollrecht, in Bezug auf „Deemed Exports“, EAR, ITAR und Sanktionsregime, sind auch im Personalbereich unerlässlich.
Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Stabelstr. 8 | 76133 Karlsruhe
mail@us-exportrecht.com
Telefon: +49 (0)721 85 140 840